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Tour Käthe to go

Siegmunds Hof

Atelierhaus im Hansaviertel

Blick über die Spree mit Neubauten am Siegmundshof, Berlin, 2021
Siegmundshof, 2021

Als ihre Söhne Hans und Peter Teenager waren, sah sich Käthe Kollwitz nach einem Atelier außerhalb der Wohnung um, vor allem, weil sie sich der Bildhauerei zuwenden wollte und mehr Platz zum Arbeiten brauchte.

Im Oktober 1912 fand sie einen Raum im Atelierhaus Siegmunds Hof in der Straße Siegmunds Hof 11 direkt an der Spree. Zunächst hatte Kollwitz das Atelier für ein Jahr gemietet, daraus wurden jedoch 16 Jahre. Sie blieb bis 1928.

Der Bau wurde als Meisteratelier-Gebäude auf Wunsch des Kultusministeriums in Auftrag gegeben, offenbar vor dem Hintergrund des beengten Platzes in der alten Akademie der Künste Unter den Linden 38. Erst 1902 zog diese an den Steinplatz an der Hardenbergstraße in Charlottenburg und sitzt dort noch heute. Von außen glich das rote Backsteingebäude mit seinen großen Fenstern und hohen Geschossen einem Fabrikgebäude, es war eine funktionale Kunstproduktionsstätte, kein repräsentatives Künstlerhaus. Dutzende Maler, Kupferstecher und Bildhauer hatten Ateliers im Siegmunds Hof, darunter viele Frauen. Trotz der weiten Entfernung von der Wohnung in Prenzlauer Berg war das Atelier für Käthe Kollwitz mit Straßenbahn und Stadtbahn gut erreichbar. Manchmal kam ihr Sohn Hans ins Atelier und sie diskutierten ihre aktuelle Arbeit. Käthe Kollwitz‘ Mutter wohnte zu der Zeit nicht weit entfernt vom Siegmunds Hof.

Blick über die Spree mit Neubauten am Siegmundshof, Berlin, damals und heute
Siegmundshof damals und heute

Ab 1924 nutzte auch die Synagogengemeinde Adass Jisroel das Künstlerhaus als Synagoge und Schule. 1939 wurden die Einrichtungen der Gemeinde von den Nazis zerstört. 1950 beschlagnahmte die britische Militärregierung das durch Bomben einsturzgefährdete Gebäude, 1955 wurde das Grundstück an eine Berliner Wohnungsbaugesellschaft verkauft.

Heute steht dort am Rande des Hansaviertels ein siebenstöckiges Mietshaus, abgesehen von einem Mahnmal für die Synagoge erinnert nichts an den historischen Ort. Die befahrbare Achenbachbrücke von 1907 neben dem Gebäude wurde ebenfalls weggebombt, seit 1957 führt die Fußgängerbrücke Wullenwebersteg über die Spree.