Unterricht für Frauen in der Potsdamer Straße

Der erste Arbeitsort von Käthe Kollwitz in Berlin war 1897 das Unterrichtsatelier des Vereins der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin am Askanischen Platz. Knapp 10 Jahre zuvor hatte sie noch selbst einen Kurs des Vereins besucht.

1893 kaufte der Verein ein eigenes Gebäude für die 1868 gegründeten Zeichen- und Malschule für Frauen in der Potsdamer Straße 39, heute Hausnummer 98a. Die Schule war die erste im deutschsprachigen Raum, die Frauen eine künstlerische Berufsausbildung ermöglichte. Kunstakademien verwehrten Frauen das Studium. Der Verein der Berliner Künstlerinnen (VdBK) machte Käthe Kollwitz 1940 zum Ehrenmitglied. Er besteht bis heute und ist dem Käthe-Kollwitz-Museum Berlin eng verbunden.

Das große Backsteingebäude liegt in einem offenen, hellen Hinterhof mit hohen Ahornbäumen. Im Erdgeschoss und dem ersten Stock saß eine Bildungseinrichtung für Frauen, im zweiten und dritten Stock befanden sich die sechs Unterrichtsräume und ein großer Oberlichtsaal der Schule. Von 1896 bis 1898 nahm Paula Modersohn-Becker hier Unterricht. Von 1897 bis 1903 unterrichtete Käthe Kollwitz die Fächer Aktzeichnen, Lithografie und Radierung. 1911 zog die Schule aufgrund der großen Nachfrage in ein eigens errichtetes, größeres Gebäude am Schöneberger Ufer 38 um, heute Hausnummer 71. 1935 wurde dieses unter den Nazis zwangsversteigert.

Nach 1945 saßen in diesem Gebäude in der Potsdamer Straße immer wieder Verlage, Galerien und Fotostudios. Heute ist es Sitz einer Werkstatt für Buchdruck, eines Architektenbüros sowie der Kunststiftung Camaro.
An der Straße verweisen Schilder auf die Geschichte des Hauses. An dem Haus am Schöneberger Ufer erinnert nichts an die Künstlerinnenschule. Stattdessen hängt dort eine Gedenktafel für den Kunsthändler Ferdinand Möller, der dort bis 1939 eine Galerie hatte. Nur wenige Häuser weiter sitzt seit 1965 der Verein der Berliner Künstler. Er nahm bis 1990 ausschließlich männliche Künstler auf.




