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Tour Käthe to go

Leichenschauhaus

Hannoversche Straße 6

Am 15. Januar 1919 wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg als Mitbegründer des sozialistischen Spartakusbundes in Berlin ermordet. Käthe Kollwitz wurde von Liebknechts Familie gebeten, ihn im Leichenschauhaus in der Hannoverschen Straße 6 zu zeichnen.

Aussenansicht des Backsteingebäudes Hannoversche Straße 6, 2021
Hannoversche Straße 6, 2021

Am Sonnabend, den 25. Januar 1919, ging Kollwitz früh morgens vermutlich zu Fuß von zuhause dorthin, noch am selben Abend sollte Karl Liebknecht beigesetzt werden. Aus einzelnen Ansichten von Liebknecht auf dem Totenbett mit dem Bleistift wurden im Atelier Kohle- und Tuschezeichnungen mit vielen Figuren. Am Ende stand der Holzschnitt „Gedenkblatt für Karl Liebknecht“, eines der zentralen Werke von Käthe Kollwitz.
Seine Ermordung hatte Kollwitz empört. Auch der Abschied der Arbeiter bewegte sie tief – hunderttausende gaben Liebknecht und anderen Ermordeten in einem Trauerzug das letzte Geleit zum Grab auf den Friedhof Friedrichsfelde. Dort wurde Jahrzehnte später auch Käthe Kollwitz begraben.

Das polizeiliche Leichenschauhaus in der Hannoverschen Straße wurde 1884/85 erbaut, nachdem die Bevölkerung der Stadt stark angewachsen war. Es war für die gerichtliche Untersuchung von Verstorbenen aus Unglücksfällen, Selbstmorden und Verbrechen nötig geworden, doch während der Novemberrevolution 1918 wurden hunderte Opfer von Straßenkämpfen, Exekutierte und Ermordete zur Untersuchung eingeliefert. Käthe Kollwitz kehrte nach dem 25. Januar 1919 monatelang zum Zeichnen ins Leichenschauhaus zurück.

Aussenansicht des Backsteingebäudes Hannoversche Straße 6, 2021
Hannoversche Straße 6, 2021