Städtisches Obdach
Das Obdachlosenasyl in der Fröbelstraße 15 in Prenzlauer Berg war von 1886 bis 1940 das größte der Stadt.

Im Volksmund hieß es „Palme“, weil in den Anfangsjahren im Eingangsbereich eine eingetopfte Palme gestanden haben soll. Der riesige Backsteinkomplex erstreckt sich auf etwa 200 Meter entlang der Fröbelstraße. Er umfasste 40 Schlafsäle für alleinstehende Obdachlose, Unterkünfte für obdachlose Familien, Räume für Schulunterricht, ein Waschhaus und eine Desinfektionsanstalt. Die Übernachtung in einem der Schlafsäle war nicht länger als fünf aufeinanderfolgende Nächte gestattet, man konnte sich waschen und die Kleidung desinfizieren lassen. Morgens und abends gab es jeweils einen Teller Mehlsuppe und ein Stück Brot.


Wer seine Anstellung verlor, stand oftmals vor dem finanziellen Ruin und lief Gefahr, obdachlos zu werden. Mit ihrer Kunst versuchte Käthe Kollwitz der Armut ein Gesicht zu geben.
Eine ständige Überbelegung und teils katastrophale Zustände im Haus machten die „Palme“ schon um 1900 und besonders in den späten 1920ern während der Weltwirtschaftskrise zum Sinnbild bedrückender Armut. Zeitweise suchten hier 5000 Personen pro Nacht Zuflucht.

Die Wohnung von Karl und Käthe Kollwitz in der Weißenburger Straße lag nicht weit entfernt. Kollwitz ging immer wieder zur „Palme“, vor allem die Frauenschicksale interessierten sie. In der Lithografie „Städtisches Obdach“ von 1926 fing sie eine sichtlich erschöpfte Mutter ein, die trotz ihrer Müdigkeit ihre beiden Kindern schützend an sich presst.

1940 wurde das Asyl in ein Krankenhaus umgewandelt. Heute ist es ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Gedenktafeln vor dem Haus erinnern an die „Palme“.

An dieser Stelle stand das Obdachlosenasyl „Palme“ von 1886 bis 1940