Kategorien
Dauerausstellung Frühwerk

‚Germinal‘

Eine schmale, querformatige Radierung von 1893 zeigt eine Szene aus dem Roman von Émile Zola, in der sich zwei Männer in einer leeren Kneipe um eine Frau prügeln.

Video über die Arbeit ‚Germinal‘

“Es gab [während der Studienzeit der Künstlerin in München] eine Vereinigung, die einige Mädchen unserer Klasse zusammenführte mit Otto Greiner, Alexander Oppler, Gottlieb Elster. Für diese Abende wurde ein Thema gestellt. So besinne ich mich auf das Thema ›Kampf‹. Ich wählte die Szene aus Germinal, wo in dem verrauchten Lokal um die junge Kathrin von zwei Männern gekämpft wird. Diese Komposition wurde anerkannt. Zum ersten Male fühlte ich mich bestätigt auf meinem Wege, große Perspektiven öffneten sich meiner Phantasie, und die Nacht war schlaflos vor Glückerwartung. […] Zu diesem Zweck brauchte ich Studien. Königsberg hatte damals in den alten Pregelgegenden eine Reihe von Matrosenkneipen, welche am Abend zu besuchen mit Lebensgefahr verbunden war. […] Am interessantesten war mir das ›Schiffchen‹, ein Lokal mit doppelten Ausgängen. Wüster Lärm war drin zu hören, Messerstechereien waren an der Tagesordung.”

Käthe Kollwitz, Rückblick auf frühere Zeit , 1941. Tagebücher, S. 738ff.

“In der ersten Zeit meines Hierseins faßte ich den großen Plan, ein Bild zu malen, die Streitscene aus dem Germinal, die ich in München als Kohleskizze gemacht hatte. Und ging dann auch wacker daran. Bin aber doch steckengeblieben. Bis zum Frühjahr kann ich das Bild nicht mehr malen, in Berlin kann ich es nicht fortsetzen, also mach ich alle Vorstudien […] und radiere das Ganze, wenn ich erst mehr Übung im Radieren habe. Mit diesen Vorarbeiten bin ich jetzt fast fertig. Ein ganz famoses Lokal, worin die Scene spielen kann, hab ich ausfindig gemacht. Es ist eine wahre Mördergrube, wo Matrosen verkehren, ein wüstes Tanzlokal. Abends ist ein riesiger Spektakel drin. Ich hab mich mit dem Wirth angefreundet und am Vormittag, wenn der Saal leer ist, zeichne ich dort, mit Zittern und Zagen.“

Die Künstlerin in einem Brief vom 26.2.1891 an den Münchner Studienfreund Paul Hey. Briefe, S. 20f.