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Lebensmittelpunkt Berlin

Was war das für eine Stadt?

Im Jahr 1871 wurde Berlin die Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs. Die Industrialisierung war im vollem Gange, zahlreiche Fabriken und Unternehmen hatten sich außerhalb der Stadtmauern angesiedelt und Vorstädte wie Moabit und Wedding waren eingemeindet worden. 1905 lebten über zwei Millionen Menschen im Ballungsraum Berlin. Prekäre Wohnsituationen und schlechte Arbeitsbedingungen führten häufig zu Krankheiten, derer sich Karl Kollwitz in seiner Arztpraxis am Prenzlauer Berg annahm. Seine Frau lernte dadurch Lebensumstände kennen, die sie mit künstlerischen Mitteln für eine bürgerliche Öffentlichkeit sichtbar machte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Berlin 1920 per Gesetz über Nacht zur drittgrößten Metropole der Welt. Die Stadt und ihre umliegenden, wohlhabenden Gemeinden, wie z.B. Charlottenburg wurden zu „Groß-Berlin“ zusammengeschlossen, um die sozialen Missstände in den Griff zu bekommen. Die politischen Unruhen und schweren Wirtschaftskrisen während der Weimarer Republik verschärften jedoch durch Hyperinflation und hohe Arbeitslosigkeit die Situation erneut.

Bereits ab 1910 gab es erste Pläne für ein „Groß-Berlin“. Der Wohnungsnot und dem Elend in den Mietskasernen sollten durch eine sinnvolle Stadtplanungspolitik Abhilfe geschaffen werden. Werner Hegemann, der Kurator der erfolgreichen Städtebau-Ausstellung, ließ für seine Initiative von Käthe Kollwitz ein Plakat gestalten, das die Berliner mit folgenden Fakten aufrütteln sollte: 

“600.000 Groß-Berliner wohnen in Wohnungen, in denen jedes Zimmer mit 5 und mehr Personen besetzt ist. Hunderttausende von Kindern sind ohne Spielplätze.”

Käthe Kollwitz, Plakat für Groß-Berlin, 1912, Privatsammlung Schweiz