Folge von 7 Radierungen über die Aufstände während des Deutschen Bauernkrieges von 1524 bis 1526
Käthe Kollwitz wendet sich erneut einem historischen Ereignis zu. Die Aufstände von Bauern gegen die bedrückenden Lebensverhältnisse im 16. Jahrhundert endeten mit einer blutigen Niederlage. Kollwitz verarbeitet das Thema zu einer nicht historisch definierten, zeitlosen Darstellung von Leid und Unterdrückung.
Sie las das vom Historiker Wilhelm Zimmermann (1807-1878) erschienene, äußerst erfolgreiche Werk Allgemeine Geschichte des großen Bauernkrieges, wahrscheinlich nicht die originale Ausgabe, sondern eine 1891 erschienene illustrierte Volksausgabe mit Auszügen. Ihre erinnerte Figur der „Schwarzen Anna“, die die Bauern anfeuerte, formte sie nach der einzigen namentlich bekannten historischen Frauenfigur des Bauernkrieges: der „Schwarzen Hofmännin“ Margarete Renner. Sie inspirierte Kollwitz 1903 wahrscheinlich zur Radierung „Losbruch“.
Dass überhaupt ein kompletter Zyklus zum Bauernkrieg entstehen konnte, ist dem 50jährigen Jubiläum der Verbindung für historische Kunst zu verdanken. Im Frühjahr 1904 lobte die Dresdner Verbindung einen Wettbewerb aus, an dem 37 Kunstschaffende mit 126 grafischen Arbeiten teilnahmen. Den “meisten Beifall” erhielt die Radierung Losbruch von Käthe Kollwitz. Daraufhin erhielt sie den Auftrag, bis Juni 1908 einen gesamten Zyklus als Jahresgabe an die Mitglieder zu radieren.
Käthe Kollwitz selbst in einem Brief von 1907:
Das Blatt Beim Dengeln
Das dritte Blatt aus dem Bauernkrieg-Zyklus zeigt eine ältere Bäuerin im Brustbild, die gerade eine Pause beim Dengeln, dem Schärfen der Schneide einer Sense, einlegt. Die bedrohlich wirkenden Augen und das Wetzen der Sense kündigen ihre Bereitschaft zum Widerstand an.
Im Entstehungsprozess zur Arbeit, nachvollziehbar anhand der Vorarbeit “Inspiration” von 1904, zeigt sich das Bestreben der Künstlerin, ihre Darstellung auf das Wesentliche zu fokussieren. Anstatt die ganze Figur zu zeigen, wählt sie einen konzentrierten Ausschnitt, in dessen Zentrum Gesicht, Hände und Sense stehen.
Auch verzichtet Kollwitz auf die Verwendung von symbolistischen Elementen, wie sie in der Vorarbeit noch in Gestalt des Genius vorhanden sind, welcher als geflügeltes Wesen die Bäuerin zum Aufstand inspiriert.
Das Blatt Schlachtfeld
Die Radierung von 1907 ist das sechste Blatt aus Käthe Kollwitz’ Zyklus Bauernkrieg. Das Blatt Schlachtfeld zeigt den Zusammenbruch des Aufstandes. In der Nacht sucht eine Frau ihren gefallenen Sohn auf dem düsteren Schlachtfeld. In ihrer linken Hand hält sie eine Laterne, um unter den zahlreichen Gefallenen, die schwach im Dunkel der Darstellung zu erkennen sind, ihr Kind identifizieren zu können. Die Hand der Frau und der Kopf des Gefallenen sind als einziges beleuchtet, womit der Blick des Betrachters auf die zarte Geste gelenkt wird, mit der die Frau das Kinn des vor ihr Liegenden berührt.
Die Entwurfskizze zu Schlachtfeld ist im Gegensatz zur Radierung im Hochformat angelegt. Das Gesicht der leidtragenden Frau steht hier noch im Vordergrund. Die Bleistiftzeichnung aus Privatbesitz trägt den Titel Mutter mit totem Sohn. Nicht überraschend, hatte Kollwitz doch das Blatt Auf dem Schlachtfeld seit 1903 aus intensiven Darstellungen zum Thema „Frau mit totem Kind“ entwickelt. Die Beschäftigung mit dem Motiv der um ihr Kind trauernden Frau führte bei der Künstlerin zu einem bedeutenden Stilwandel. Erzählerische Elemente wichen zugunsten einer konzentrierten Darstellung auf das Einzelmotiv.