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Aktdarstellung Dauerausstellung

Tod, Frau und Kind

Ein weiterer Höhepunkt sind die Arbeiten der Künstlerin zum Thema Mutter mit totem Sohn. Käthe Kollwitz beschäftigte sich ab 1903 im Zusammenhang mit den Arbeiten am Bauernkrieg intensiv mit diesem Thema. In der frühen Radierung von 1903 setzte sie sich bereits mit dem Motiv der mütterlichen Trauer auseinander und griff es 1910 noch einmal in der Zeichnung und der Radierung Tod, Frau und Kind auf. In den 1930er Jahren arbeitete sie die Mutter mit totem Sohn dann plastisch aus zu ihrer berühmten Bronze, die auch Pietà genannt wird.

Eine nackte Frau drückt verzweifelt ein totes Kind an sich. Sie ist bildfüllend und monumental in Szene gesetzt. Ihre kräftigen Beine hat sie im Schneidersitz übereinandergeschlagen. Ihr nackter Körper beugt sich über den leblosen Jungen auf ihrem Schoß. Der Kopf des Jungen wird hell beleuchtet.
Käthe Kollwitz, Frau mit totem Kind, 1903, Radierung

Die Radierung von 1903 zeigt eine nackte Frau, die ihren Kopf verzweifelt in die Brust ihres toten Kindes hineingräbt und dabei beinahe animalisch wirkt. Besonders beeindruckt die plastische, bildhauerische Wirkung der Figurengruppe.

“Hier hat ein weiblicher Künstler ausgedrückt, was eine männliche Phantasie nie geschaut hätte, was der Mann vermutlich kaum nachfühlen wird und was nur eine Frau, die Mutter ist, und Momente des Zitterns um ein Kind selber in ganzer Gewalt durchlebte, vor sich sehen konnte mit solcher Leibhaftigkeit.”

Anna Plehn: Die neuen Radierungen von Käthe Kollwitz, in: Die Frau, 11. Jg.,1903-04, S. 234-238, hier S. 235

Wie aus einem Brief an Arthur Bonus 1925 hervorgeht, nahm sich Käthe Kollwitz selbst und ihren jüngeren Sohn Peter zum Modell für dieses Blatt:

„Als er sieben Jahr alt war und ich die Radierung machte: Die Frau mit dem toten Kind, zeichnete ich mich selbst, ihn im Arm haltend, im Spiegel. Das war sehr anstrengend, und ich mußte stöhnen. Da sagte sein Kinderstimmchen tröstend: Sei man still, Mutter, es wird auch sehr schön…“

Arthur Bonus, Das Käthe Kollwitz-Werk, Dresden 1928, S. 7
Käthe Kollwitz, Tod, Frau und Kind, 1910, Radierung

Wie so oft in Kollwitz’ Werken trägt auch in der Radierung Tod, Frau und Kind von 1910 die Mutterfigur selbstbildnishafte Züge. In einer eindringlichen Pose – Wange an Wange ruhend – umklammert die Mutter ihr Kind, das der Tod von ihr zu entreißen versucht. Im Gegensatz zur Kohlezeichnung tritt der Tod hier sichtbar in Erscheinung, an den äußersten Rand der Komposition gedrängt.

Käthe Kollwitz, Tod, Frau und Kind, 1910, Kohlezeichnung